Gräsersorten als Ass im Ärmel
Ein steigendes Bewusstsein für eine ertrags- qualitätsorientierte Bestandsführung im Grünland ist zunehmend wahrnehmbar. Die Sortenvielfalt im Grünland ist groß, ebenso das damit verbundene Potenzial.
Ein Jahrzehnt pro Sorte
Um Grünlandsaatgut in Österreich verkaufen zu können, muss die entsprechende Sorte zumindest in der EU-Sortenliste eingetragen werden. Dieser Eintragung gehen mindestens sechs Jahre Zuchtarbeit und drei Jahre Sortenwertprüfung voraus. Diese Wertprüfung für Gräser- und Kleearten wird an der AGES-Versuchsstation in Grabenegg durchgeführt, wobei die Ergebnisse die Grundlage für die "Österreichische Beschreibende Sortenliste“ bilden. Ebenso wie die gängigen Ackerkulturen werden in dieser Liste daher auch Gräser- und Kleearten mit deren Sorteneigenschaften detailliert ausgewiesen und die Liste bietet somit eine Grundlage für die richtige Sortenauswahl im Grünland.
Schwerpunkte in der Gräserzüchtung
Neben dem Ertrag, als wichtigstes Zuchtziel in der Vergangenheit, werden Sorteneigenschaften wie Inhaltsstoffe, Krankheitsresistenzen, Narbendichte, Nutzungselastizität und Reifezeitpunkt zunehmend wichtiger. Zudem wird verstärkt auf Trockenheitstoleranz geachtet, wobei diese in der Praxis nicht mit Trockenheitsresistenz (gleichbleibender Wuchs bei Trockenheit) gleichzusetzen ist. Das Potenzial in der Gräserzüchtung ist jedenfalls hoch, da viele Sorten noch nicht intensiv züchterisch bearbeitet wurden.
Saatgutqualität ist zu beachten
Da im Handel unterschiedliche Qualitäten angeboten werden, ist Saatgut nicht gleich Saatgut. Auf der höchsten Qualitätsstufe stehen Saatgutmischungen mit einer sogenannten ÖAG-Empfehlung. Dabei handelt es sich um eine privatrechtlich festgelegte Qualitätsnorm, die in ihrem Qualitätsniveau die staatlichen Empfehlungen und EU-Mindestnormen für die Anforderungen an Saatgutmischungen maßgeblich übertrifft:
- Mischungen mit ausgewählten Top-Sorten (ÖAG-Sortenliste)
- Zweifache Kontrolle auf Ampferfreiheit (Kriterien 0 Ampfer / 100 g Probe)
- Mindestanteil österreichischer Saatgutvermehrung und österreichischer Pflanzenzüchtung
- Nutzungs- und regionsangepasste Mischung, abgestimmt auf die Bewirtschaftung
Verfügbarkeit von Saatgut
In der Praxis sind bestimmte Saatgut-Einzelkomponenten im Handel auf Nachfrage oft nicht verfügbar. Neben logistischen Herausforderungen ist es meist nicht möglich, von jeder Sorte jedes Jahr ausreichend Saatgut zu produzieren. Die Ursachen liegen oft bei witterungsbedingten Ertragsausfällen oder bei zu wenig Vermehrungsflächen. Bestimmte Gräserarten wie z.B. frühreife Raygräser lassen sich im Vergleich zu Wiesenfuchsschwanz deutlich günstiger und einfacher vermehren, was sich auch auf den Saatgutpreis auswirkt. Weiters gibt es zwischen den Sorten einer Gräserart Unterschiede in der Komplexität der Vermehrung. Trotzdem gilt, regelmäßig bei Händlern die Verfügbarkeit abzufragen, um den Bedarf an Einzelkomponenten deutlich zu signalisieren.
Handlungsbedarf für Nachsaat rechtzeitig erkennen
Um die passenden Saatgut-Einzelkomponenten oder Saatgutmischungen anzuschaffen ist es ratsam, seinen Grünlandbestand davor zu beurteilen. Dabei steht der Blick von oben auf den Bestand an erster Stelle um den Lückenanteil (offener Boden) sowie den Anteil an Gräsern, Kräutern und Leguminosen zu schätzen. Eine dichte Grasnarbe ist ein wesentlicher Faktor für hochwertige und ertragreiche Grünlandbestände und zusätzlich die beste vorbeugende Maßnahme um einer Verunkrautung entgegenzuwirken. Beispielsweise tut sich das Wiesen-Unkraut Nummer 1, der stumpfblättrige Ampfer, als Lichtkeimer bei dichten Beständen relativ schwer. Dichte Bestände sind trockenheitstoleranter und hinterlassen nach Trockenschäden weniger offene Stellen an denen sich Unkräuter ausbreiten können. Mit einer abgestimmten Saatgutmischung kann in Form einer Nachsaat die Trockenheitstoleranz und der Anteil an wertvollen Futterpflanzen erhöht werden. Damit die Nachsaat gelingt, sind Wasser, Licht, Nährstoffe sowie Geduld die wichtigsten Zutaten.
Kurz gesagt
- Sortenvielfalt im Grünland ist groß, ebenso das damit verbundene Potenzial
- "Österreichische Beschreibende Sortenliste“ als Infoquelle für Sorteneigenschaften
- Trockenheitstoleranz nicht mit Trockenheitsresistenz verwechseln
- ÖAG-Empfehlung als Hinweis für höchste Saatgut-Qualitätsstufe
- Dichte Grasnarbe ist die beste vorbeugende Maßnahme gegen Verunkrautung
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