Einen luftigen Offenfrontstall mit Firstlüftung haben Katharina und Stefan Enne für 70 Kühe gebaut. Trotzdem litten ihre Tiere im heißen Sommer 2023 an Hitzestress und die Milchleistung sank. Wie die beiden reagierten und sich mit Tipps von LK-Experten Marco Horn für künftige Hitzewellen rüsteten? Landwirtschaftskammer Niederösterreich-Redakteurin Paula Pöchlauer-Kozel hat nachgefragt.
Weniger Milchleistung, mehr Aufwand und geringerer Wohlfühlfaktor
„Die Kühe verstopften die Laufgänge an jenen Stellen, wo es zugig war. Dort sind sie gestanden anstatt in den Liegeboxen zu rasten. Sie haben weniger gefressen und der Nachtreibeaufwand zum Melkroboter war höher als in anderen Monaten“, erinnern sich Katharina und Stefan an die Hitzewelle vor zwei Jahren. „Natürlich ist dann die Milchleistung gesunken. Wir haben nachgerechnet: Je Hitzemonat waren es im Schnitt vier Liter je Kuh und Tag weniger. Das sind 7.300 Liter je Monat. Bei 50 Cent je Liter sind das 3.650 Euro, die uns monatlich fehlen.“ Das sollte sich nicht wiederholen.
Nach Gesprächen mit Firmen, mit Kollegen und einem Tipp in der LK Zeitung „Die Landwirtschaft“ fragten sie das Beratungsprodukt „Stallklima und Kuhkomfort“ der Landwirtschaftskammer Niederösterreich. „Wir wollten, dass ein unabhängiger Berater die Situation analysiert und uns Lösungsmöglichkeiten aufzeigt“, begründen die beiden. „Deshalb forderten wir eine Beratung an.“
Beratung zu Stallklima und Kuhkomfort
Im März 2024 kommt LK-Experte Marco Horn auf den Betrieb. Katharina und Stefan erklären ihm vorab die aktuelle Situation im Stall aus ihrer Sicht.
Danach nimmt Horn, alleine und voll konzentriert, rund eineinhalb Stunden lang alle für den Kuhkomfort wichtigen Stallbereiche unter die Lupe: Liegen, Bewegen, Wasserversorgung, Fressplatz, Licht und Luft. „Für einen Stall, in dem sich die Tiere wohlfühlen, sind alle Bereiche relevant, nicht nur die Temperatur“, erklärt der Berater.
Ergebnis sofort vor Ort
Die erhobenen Daten gibt er gleich vor Ort ins Tablet ein. Ein Programm wertet diese rasch aus. Sofort sieht Horn, dass am Betrieb Enne Fressplatz, Wasserversorgung, Bewegung und Licht optimal sind. Beim Liegeboxenmanagement gibt es Verbesserungsvorschläge, die Katharina und Stefan mit einer Bugschwelle und höher gestellten Nackenrohren gleich umsetzen.
Beim Komfortfaktor „Luft“ gibt es eindeutig Verbesserungsbedarf. „In Ställen mit Firstlüftung funktioniert im Sommer die Thermik nicht, die Luft ist heiß und abgestanden“, begründet Horn. „Kühe fühlen sich aber schon bei Temperaturen über 18 Grad Celsius nicht mehr wohl.“
Um den Hitzestress im Stall zu senken, wenn es draußen heiß ist, empfiehlt der Berater Ventilatoren für den Offenfronstall: „Bei Luftgeschwindigkeiten ab 2,5 Metern pro Sekunde tritt eine kühlende Wirkung ein – der sogenannte ‚Windchill-Effekt‘.“
Ventilatoren oberhalb der Liegeboxen
Damit die Kühe die zugigen Gänge nicht verstopfen und die Luft dort angenehm ist, wo sie die meiste Zeit verbringen sollten, platzieren Ennes vier Ventilatoren oberhalb der Liegeboxen nach dem Schema, das Horn aus den im Stall erhobenen Daten erstellt hat.
Nachdem Katharina und Stefan selber in den Liegeboxen probeliegen, wissen sie, in welchem Winkel die Ventilatoren einzustellen sind. „Kühe, die viel liegen, schonen die Klauen und die Milchleistung stimmt“, so Ennes.
Auch im Vorwartebereich und in der Melkbox sollen sich die Kühe wohlfühlen. Aus diesem Grund richten Ennes hier zwei weitere Ventilatoren entsprechend aus. „Die bewegte Luft hält Fliegen ab. Deshalb gibt es beim Melken keine Probleme mit Unruhe oder Ausschlagen“, freuen sich die beiden.
Auch bei den Trockenstehern muss die Luft passen, deshalb montieren sie dort den siebten Ventilator. Die Ventilatoren verbessern das Stallklima und damit Milchleistung und Fruchtbarkeit.
Leise Technik für guten Schlaf
Katharina und Stefan entscheiden sich für leisere Ventilatoren mit einer Lautstärke von maximal 62 Dezibel. „Wir wohnen unmittelbar neben dem Stall. Da die Ansaugstelle für den Ventilator hausseitig ist und die Ventilatoren in der heißen Zeit auch nachts laufen müssen, sollen sie das möglichst leise tun“, erklären die beiden. „Für die Wahl der Technik stellte uns Marco Horn die Prüfergebnisse für Ventilatoren zur Verfügung.“
Die Ventilatoren sind frequenz- und temperaturgesteuert. Ab 18 Grad Celsius starten sie mit 20 Prozent Leistung, die sich mit zunehmender Temperatur erhöht. Ab etwa 25 Grad Celsius laufen sie mit hundert Prozent.
Einfach zu montieren und zu warten
„Die Montage war einfach und in rund acht Stunden erledigt“, denken Ennes zurück. „Die Kühe fixierten wir am Fressplatz. Dann fuhren wir mit dem Hubsteiger der Schrapperbahn entlang, um die Ventilatoren mit Ketten und Seilen flexibel zu montieren. So können wir sie nachträglich ohne viel Aufwand einstellen.“ Auch die Wartung ist einfach. Im Frühjahr entfernen sie mit Druckluft den Staub auf den Ventilatoren.
Investition rechnet sich schon nach einem Jahr
Für die Ventilatoren inklusive Steuerung haben sie rund 13.000 Euro brutto ausgelegt. Da sie gemeinsam mit der Lüftung einen Futteranschieber angeschafft haben, erreichten sie auch die Mindestsumme für die Investitionsförderung zur Innenmechanisierung. „Die Investition rechnet sich für uns schon nach ein bis zwei Jahren“, haben die beiden kalkuliert. Den Strom liefert tagsüber die PV-Anlage.
„Die Steuerung ist so ausgerichtet, dass wir jederzeit von sieben auf zehn Ventilatoren nachrüsten können, zum Beispiel am Futtertisch“, erklären Katharina und Stefan. „Dieser liegt nordseitig, dort gibt es viel frische Luft. Damit sind derzeit keine Ventilatoren notwendig, sie würden nur die Ration trocknen.“
Die beiden haben beobachtet, dass zwei Tage nach Beginn einer Hitzewelle die Tiere weniger fressen und die Milchleistung sinkt. „Es dauert dann bis zu zehn Tage, bis sich die Kühe akklimatisiert haben“, so Ennes. „Die Tiere machen selbst auf Schwachstellen im Stallklima aufmerksam, man muss sich nur die Zeit nehmen und ihr Verhalten beobachten.“
Katharina und Stefan gehen jetzt auch bei über 30 Grad Celsius richtig gerne in den Stall: „Dort ist es luftig und die Luft ist gut.“ Sie sind auf jeden Fall zuversichtlich, dass sie und ihre Kühe künftige Hitzewellen schadlos durchtauchen werden.
Die Kälber fühlen sich im luftbewegten Kuhstallklima nicht wohl. Deshalb stehen am Betrieb von Katharina und Stefan Enne für Biestmilchkälber sechs Einzelboxen zur Verfügung, in einem, dem Kuhstall benachbarten Raum. Danach kommen die Jungtiere in eine Kälberhütte, rund zwei Meter vom Stall entfernt. Die Kalbinnenaufzucht für die eigene Nachzucht haben sie ausgelagert.
„Ein Stall für die Kälber ist unser nächstes Projekt“, so Katharina und Stefan. „Auch hier legen wir unseren Fokus auf ein Wohlfühlklima für die Tiere.“
Tipps zum Stallklima und Ventilatoreinsatz von Familie Enne und LK-Berater Marco Horn
Im Stall, wenn möglich, alles offen gestalten, zum Beispiel keine Trennwände, nur Trennbügel; die Außenmauern sollten maximal 50 Zentimeter hoch sein.
Im Sommer ist die Westseite besonders kritisch: Die Nachmittagssonne heizt extrem auf, deshalb sollte im Sommer keine tief stehende Sonne in den Stall scheinen. Von Giebelfenstern ist hier abzuraten.
Tiere beobachten: Stehen sie in Gruppen an zugigen Plätzen, dann ist es im Stall zu warm.
Temperatur- und frequenzgesteuerte Ventilatoren einsetzen, weil man sie stufenlos steuern kann.
Ventilatoren ab 18 Grad Celsius laufen lassen, auch in der Nacht.
Auf Lautstärke der Ventilatoren achten, wenn jemand in Stallnähe wohnt.
Ventilatoren primär auf Liegeboxen, Vorwartebereich und Melkstand/Melkbox ausrichten, Trockensteher nicht vergessen.
Ventilatoren nicht auf Laufgänge und Fressplätze richten, wenn Liegeplätze bereits gekühlt werden. Außerdem besteht die Gefahr, Laufflächen und Ration zusätzlich zu trocknen.
Mit Seilen und Ketten aufgehängte Ventilatoren kann man einfach nachträglich einstellen.