Am Biobetrieb von Ernst und Bettina Zoder in Weikertschlag "ernten“ Mastrinder Kleegras und düngen zugleich an Ort und Stelle den Acker für die Folgefrucht. Wie die Wiederkäuer Teil der Fruchtfolge wurden, wie Zoders die Weidemast managen und welche Fleischqualitäten sie erzielen, erfahren wir bei einem Weiderundgang.
Sie hörten 2018 mit der Tierhaltung auf. "Damals hielten wir 15 Mutterkühe. Sie beanspruchten zwischen 800 und 900 Arbeitsstunden im Jahr. Das rechnete sich für uns nicht mehr“, erinnern sich Ernst und Bettina. "Wir betrieben auch intensiven Ackerbau und waren beide Vollzeit am Hof.“
Nach dem Abgang der Mutterkühe begann Bettina bei der Biovermarktung Handels GmbH, einem Tochterunternehmen von Bio Austria, Vollzeit zu arbeiten. "Bei einer Fortbildung im Winter 2019/20 fragte mich ein Landwirt, ob denn bei der Rindermast auf der Weide mehr als Fettklasse 2 möglich ist“, denkt Bettina zurück. Das Thema hat Ernst und sie beschäftigt, und sie fragten sich: "Warum gehen in Frankreich Mast und Ackerweide zusammen, aber in Österreich sollte es nicht möglich sein?“
In einem Jahr von 40 auf 120 Stück
"Wir wollten es wissen. Deshalb haben wir im April 2020 bei zwei Betrieben, die ihre Tierhaltung auflösten, neun Rinder gekauft“, schmunzeln die Beiden. "Wir wollten die Weidemast dann so nebenbei mit 40 Rindern versuchen. Aber bereits im Sommer 2021 hielten wir schon 120 Stück.“
Die Ackerweidemast funktioniert tadellos. Ein Bioackerbaubetrieb aus der Nachbarortschaft hat alle Flächen gepachtet, die Zoders nicht zum Beweiden oder für die Grundfuttergewinnung benötigen. Im Gegenzug bewirtschaften Bettina und Ernst die Kleegrasweiden und geben dafür im dritten Jahr die Flächen, die für den Hackfrucht- und Getreideanbau bestimmt sind, an den Partnerbetrieb weiter.
"Ein weiterer Biobetrieb hat für seine Rinder zu wenig Weidefläche und überlässt uns über die Sommermonate 40 Kalbinnen für die Beweidung“, so die Beiden. Geregelt ist dies über einen Weidevertrag und die Weidemeldung bei der AMA. Jetzt weiden im Sommer auf insgesamt 25 ha Ackerfläche 160 Stück Rinder, 150 davon sind Kalbinnen und der Rest Ochsen.
Tiere sind zwei Jahre auf einer Fläche
Die Rinder sind Teil der Fruchtfolge. Im ersten Jahr weiden sie nach der Getreideernte das Kleegras ab, das mit dem Getreide im Vorjahr als Untersaat angebaut wurde. Danach kommen sie auf die Winterweide. Im zweiten Jahr grasen sie auf den frisch ergrünten Kleegrasflächen des Vorjahres. "2021 mussten wir aufgrund der Trockenheit die Kleegrasflächen noch einmal anlegen“, berichten Ernst und Bettina. In diesen zwei Jahren düngen die Rinder quasi beim Fressen den Acker.
"Im dritten Jahr, und das ist heuer, hat unser Partner nun Hackfrüchte angebaut“, so die Beiden. "Er bekommt die Flächen, auf denen zwei Jahre lang Klee Stickstoff im Boden angereichert hat und die Rinder gedüngt haben. Damit kann er aus dem Vollen schöpfen.“ Das bringt Vorteile für beide Betriebe. Ernst und Bettina investieren in die Weideausrüstung, in Maschinen für die Einsaat von Kleegras und die Winterfutterernte. Ihr Partner ist betrieblich für den Getreide- und Hackfruchtbau gerüstet. "Die Rinder zupfen sich von der Kleegrasuntersaat zuerst die Gräser heraus und fressen dann erst den Klee, wenn er schon reifer ist“, beobachten Zoders.
Wechsel Sommer- und Winterweide
Die Tiere verbringen die gesamte Vegetationsperiode auf den Kleegrasäckern, wobei sie halbjährlich zwischen Sommer- und Winterweide wechseln. Die Sommerweiden werden am Ende der zweiten Saison umgebrochen und mit Getreide bestellt. Im März/April bepflanzt der Partnerbetrieb die Winterweiden mit Hackfrüchten. "Bei der Winterweide achten wir besonders auf eine Untersaat aus robusten Gräsern, wie Raygras und Rotschwingel, sowie aus Weißklee“, erklären die Beiden, denn die Kleegrasmischung muss trittfest sein. Die Untersaat im ersten Jahr wird etwa zehn bis 15 Zentimeter hoch, im zweiten Jahr bis zu 20 cm.
Vier Großvieheinhaiten pro Hektar
Rund 7 ha Acker haben sie nach der Marktfruchternte als Weide ganz neu angelegt. "Dort ist der Klee aufgrund der Trockenheit im Vorjahr leider nicht auf der ganzen Fläche gut angewachsen“, bedauern Ernst und Bettina. " Auf diese Fläche kommt noch einmal eine Kleeuntersaat. Wir wollen die Fläche vierteln, um möglichst viel Grünfutter zu erhalten. Da sind wir noch am Tüfteln.“ Sie gruppieren die Rinder so, dass vier Großvieheinheiten je Hektar weiden. Die Weidekoppeln sind im Sommer zwischen 2 und 10 ha groß, das bedeutet Gruppen mit 15 bis 40 Rindern. Die Größe des Unterstandes passen sie an die Gruppe an, sodass jedes Tier locker Platz hat. "Die Unterstände haben wir selbst geplant und gebaut. Jeder Unterstand besteht aus Modulen, die wir beliebig entfernen oder dazustellen können“, schildern die beiden. So haben sie für den neu angelegten Weideacker rasch Unterstände parat, die sie mit Hilfe des Frontladers aufstellen. Dort werden die Rinder den kommenden Winter verbringen.
Im Winter weniger Rinder
Um die Weideflächen in der kalten Jahreszeit zu schonen, verringern sie den Tierbestand auf etwa 80 Stück. Je rund 40 Tiere stehen dann auf zwei Weidekoppeln. Im Stall sind sie nur während der Angewöhnungsphase.
Auf der Winterweide legen Ernst und Bettina alle ein bis zwei Tage Ballen aus Kleegrassilage in selbst gebauten Eisenringen vor und bieten Heu ad libitum in Heuglocken an. Das Heu gibt es auch im Sommer zur freien Aufnahme, weil es den eiweißreichen Klee sehr gut ergänzt. Schrot legen sie den Rindern in selbst gebauten Holztrögen vor. Das erledigen sie mit einem Frontlader, der mit einer Waage ausgestattet ist. Das Traktorengeräusch lockt die Tiere an.
Schrotmischung selbst angebaut
"Die Einsteller ab etwa 280 kg bekommen 1 kg Schrot pro Tier und Tag. Die Menge steigt bis zur Endmast auf 1,5 kg pro Tier und Tag an“, erklären Ernst und Bettina.
Die Schrotmischung besteht aus Gerste, Peluschken und einem Hafergemenge. Die Mischung bauen sie genau in dieser Zusammensetzung am Feld an, ernten sie, reinigen, belüften und lagern sie am Hof. Eine mobile Schrotmühle kommt einmal im Monat vorbei. Mineralstoffe mischen sie in den Schrot. Salz gibt es als Leckstein.
Nach dem Winter ist Kontrolle und Einteilung angesagt
Bevor die Beiden die Tiere nach dem Winter wieder auf die Sommerweidekoppeln aufteilen, müssen die Rinder durch einen Treibgang aus Weidepaneelen, der im Behandlungsstand mit Waage endet. "Wir kontrollieren die Ohrmarken und teilen die Kalbinnen und Ochsen nach Alter und Gewicht in Gruppen“, erklären Zoders. "Die Ochsen kommen zu jenen Kalbinnen, zu denen sie vom Gewicht her am besten passen.“
Schlachtergebnisse erfüllen Erwartung
Tiere, die fertig gemästet sind, verkaufen sie über die Biovermarktung Handels GmbH. 2021 haben sie 50 Stück verkauft, 2022 werden es voraussichtlich 80 bis 90 Tiere sein. Das durchschnittliche Einstellgewicht beträgt 289 kg, das Schlachtgewicht kalt liegt im Schnitt bei 335 kg.
77% der Schlachtkörper erreichen die Klassen E und U, ebenso viele liegen in der Fettklasse 3. "Damit haben wir den Beweis, dass bei entsprechendem Management auch auf Ackerweiden in Österreich hohe Fleischqualitäten in entsprechender Menge zu erzielen sind“, freuen sich Ernst und Bettina über ihren erbrachten Beweis.
Einsteller aus Mutterkuhhaltung
Die Einsteller stammen von Mutterkuhbetrieben. Zoders kaufen sie über die Biovermarktung Handels GmbH in Zusammenarbeit mit der Rinderbörse zu. Die Mutterrasse ist zu 90% Fleckvieh. Zu den Vaterrassen zählen Charolais, Limousin, Blau Weiße Belgier und Angus. Aber auch reine Limousintiere sind dabei. In einer 40 köpfigen Weidegruppe gehen zwei bis drei Ochsen mit, die zum Teil von Betrieben aus der Umgebung kommen. "Unser Schwerpunkt liegt auf der Mast von Weidekalbinnen, weil sie einfach ruhiger sind“, begründen Ernst und Bettina.
An Schrot, Silage & Elektrozaun gewöhnen
Dreimal im Jahr stallen sie eine Gruppe mit 40 Rindern ein. Da die Tiere von unterschiedlichen Mutterkuhbetrieben kommen, sind immer einige dabei, die Silage und/oder Schrot nicht kennen. Deshalb gibt es für die Neuankömmlinge im Stall Kleegrassilage ad libitum und täglich 20 kg Schrot für alle 40.
Ernst und Bettina gewöhnen die Ochsen und Kalbinnen für ein bis drei Wochen an den Elektrozaun und zwar in einem Stall mit 80 m2 befestigtem Auslauf. Dazu spannen sie eine Litze entlang der Weidepaneele, die den Auslauf fix umzäunen. Auf der Litze sind im Abstand von 50 cm Signalbänder befestigt. "Die Tiere schlecken daran und erhalten einen leichten Schlag“, berichten Ernst und Bettina. "So halten sie auch auf der Weide Abstand vom Zaun. Hier fixieren wir die Signalbänder dann in größeren Abständen mit dem positiven Nebeneffekt, dass auch Rehe abgeschreckt werden.“
Ausgeklügeltes Zaun-Konzept
Die Weide zäunen sie mit Stecken aus Federrundstahl, die über Kunststoffhalterungen zwei Litzen aufnehmen. Die untere läuft etwa 40 cm über dem Boden und die zweite etwa 25 cm oberhalb der unteren. Auf jeder Weidekoppel gibt es Wasserstellen mit Wasserauffangbehältern. "Auf manchen Flächen müssen wir Gänge zu den Wasserstellen zäunen“, erklären die beiden. "Die meiste Zeit fürs Zäunen wenden wir aber im Frühjahr und im Herbst auf.“
Einstieg über Projekt Weideland NÖ
Beim Einstieg in die Weidehaltung haben sie die Beratung und Förderung des Projektes Weideland NÖ in Anspruch genommen. "Beratung und Abwicklung waren professionell und unbürokratisch“, betonen Ernst und Bettina, die seit 2015 Mitglied beim Arbeitskreis "Unternehmensführung“ sind. Sie warten gespannt auf die heurige Auswertung am Ende des Jahres.
Schon jetzt zeigen sich positive Effekte der Weidemast mit Rindern auf den Boden. "Früher war es mühselig, eine Fruchtfolge zu gestalten“, so Ernst und Bettina. "Mit der Weide, die den Boden ganzjährig bedeckt, reicht der Niederschlag jetzt aus, um die Pflanzen zu ernähren.“
Betriebsspiegel
Betriebsführer: Ernst (41) und Bettina (33) Zoder; beide Absolventen des Francisco Josephinums Familienmitglieder am Betrieb: Töchter Lisa (12), Theresa (9) Bewirtschaftete Fläche: 18 ha Heuwiesen, 50 ha Kleegrassilage, 25 ha Weide auf Ackerflächen Tierhaltung: 160 Stück Rinder auf Sommerweide
Teilnahme am NÖ TGD, QPLUS, Biokontrollstelle SGS; Tierbezug über die Rinderbörse; Vermarktung über Biovermarktung Handels GmbH