Die Herden in Rinderställen in NÖ sind in den letzten Jahren deutlich größer geworden. Diese Entwicklung bringt Familienbetriebe zunehmend an ihre arbeitswirtschaftliche Kapazitätsgrenzen. Melken, Füttern, Ausmisten, Kälbertränke – diese Routineaufgaben summieren sich in spezialisierten Milchviehbetrieben auf 60 bis 100 Arbeitskraftstunden pro Kuh und Jahr. Wie die Digitalisierung die Arbeitszeit verkürzen und die Arbeit erleichtern kann, erfahren Sie im Beitrag.
Viele Familienbetriebe sind auf der Suche nach Lösungen, um die hohe Arbeitsbelastung zu reduzieren und gleichzeitig bei der Erledigung der täglichen Routinearbeiten im Stall flexibler zu werden. Lösungen bieten die automatische Melk- und Fütterungstechnik sowie automatisches Futteranschieben, Laufgangreinigen und Kälbertränken.
Automatische Melktechnik
In Österreichs Milchviehställen sind bereits über 1.000 Melkroboter im Einsatz. Ein automatisches Melksystem
erkennt die Tiere,
findet das Euter und die Striche,
reinigt und stimuliert das Euter,
melkt vor und prüft das Vorgemelk,
melkt und übernimmt das Sprühdippen der Striche automatisch.
Daten bringen mehr Kontrolle, Gesundheit und bessere Melkeinstellungen
Eine Vielzahl von Sensoren sammelt bei jeder Melkung Daten zu Milchleistung, Milchinhaltsstoffen und Milchqualität. Diese Daten können zur Kontrolle der Kühe und Eutergesundheit sowie zur Verbesserung der Melkeinstellungen und des Herdenmanagements eingesetzt werden. Die Kühe können den Melkroboter freiwillig im freien Kuhverkehr aufsuchen oder werden im gelenkten Kuhverkehr beim Wechsel vom Fress- in den Liegebereich des Laufstalls zum Melkroboter gelotst.
Sieben bis zehn Arbeitskraftstunden pro Kuh und Jahr einsparen
Im Durchschnitt der Herde werden 2,6 bis drei Melkungen pro Kuh und Tag angestrebt. Je nach Kuhverkehr und Melkbarkeit schafft ein Melkroboter um die 180 Melkungen pro Tag. Zusätzlich verfügt jeder Melkroboter über eine Lockfütterung mit Kraftfutter, das Kühen mit Melkanrecht während des Melkens zugeteilt wird.
Studien belegen, dass sich durch den Einsatz eines Melkroboters sieben bis zehn Arbeitskraftstunden pro Kuh und Jahr einsparen lassen.
Kriterien für Einsparungspotential
Das wahre Einsparungspotential hängt stark
von der Ausgangssituation ab, also dem bisherigen Arbeitseinsatz fürs Melken,
von der gelungenen Integration des Melkroboters in den Stall und
von den Abläufen des Herdenmanagements, wie zum Beispiel Tierbeobachtung, Fütterung und Klauenpflege.
Fixe Melkzeiten fallen weg
Auch die erhöhte Flexibilität bei der Stallarbeit durch das Wegfallen fixer Melkzeiten empfinden viele Betriebe als großen Pluspunkt. Gleichzeitig bieten Melkroboter auch räumlich Flexibilität, denn im Vergleich zu einem Melkstand benötigt ein automatisches Melksystem deutlich weniger Platz im Stall. Dies kann besonders bei Umbaulösungen ein Vorteil sein.
Vergleicht man die Kosten des Melkens mit einem modernen Melkstand, dann sind gebrauchte Melkroboter ab 300.000 Kilogramm und neue Melkroboter ab 450.000 Kilogramm verkaufter Milch pro Betrieb und Jahr wettbewerbsfähig. Bei guter Arbeitseffizienz und Ausstattung sind im Melkstand Stundenlöhne von 20 bis 40 Euro erzielbar. Die Zeit im Melkstand ist also sehr gut entlohnt. Ist der Faktor Arbeit am Betrieb oder im Melkstand allerdings knapp, ermöglicht ein Melkroboter bei entsprechender Auslastung Milchproduktion bei flexiblen Arbeitszeiten.
Automatische Fütterungstechnik
Fütterungsroboter automatisieren das Herstellen und Vorlegen von Mischrationen aus Grund- und Kraftfutter. Die derzeit am Markt befindlichen Systeme automatisieren das Befüllen des Mischers, das Mischen sowie das Verteilen und Anschieben. Das Ausbringen der Mischration erledigen freifahrend-induktionsgelenkte oder schienengeführte Mischwagen. Diese fassen meist zwei bis drei Kubikmeter.
Mehr Flexibilität bei Routinearbeit „Füttern“
Automatisierte Fütterungstechnik ermöglicht das Herstellen und Vorlegen mehrerer Mischrationen. So können verschiedene Tiergruppen, wie zum Beispiel Jungvieh, trächtige Kalbinnen, laktierende Kühe, trockenstehende Kühe und Maststiere, bedarfsgerecht versorgt werden. Auch die Möglichkeit, mehrmals täglich Futter frisch zu mischen und vorzulegen, kann die Fütterung und Versorgung der Herde positiv beeinflussen.
Das Befüllen der Fütterungsroboter mit Grundfutter funktioniert mittels Vorratsbehältern oder einer Krananlage und eines Flachlagers. Für die Entnahme des Grundfutters aus dem Silo oder Heulager und den Transport bis zum Vorratsbehälter oder Flachlager des Fütterungsroboters gibt es bis heute noch keine marktreife automatisierte Lösung. Daher muss man Vorratsbehälter und Flachlager manuell befüllen, das kann aber zeitlich flexibel geschehen. Dadurch gewinnt man bei der Routinearbeit „Füttern“ Flexibilität, ohne dass der Rhythmus der Futtervorlage leidet.
Was beim Fütterungsroboter baulich zu beachten ist
Baulich benötigen Fütterungsroboter weniger Platz am Futtertisch als konventionelle Mischtechnik, wie gezogene Mischwägen oder Selbstfahrer. Allerdings muss man den Platz für das Bevorraten und Befüllen zusätzlich berücksichtigen. Ein automatisches Fütterungssystem ist wirtschaftlich ausgelastet, wenn mindestens 100 GVE damit gefüttert werden. Für den wirtschaftlichen Einsatz eines Fütterungsroboters sollte also ein System gewählt werden, das Kühe, Jungvieh, Kälber und Mastvieh am Betrieb erreicht und füttert.
Automatisches Futteranschieben
Das automatische Futteranschieben gehörte zu den ersten Routinearbeiten, für die im Rinderstall Roboter entwickelt wurden. Fuhren diese zunächst noch an fix montierten Schienen entlang, werden sie heute mittels Induktion oder Ultraschall gelenkt. Sie schieben das Futter mittels vertikaler Trommeln oder horizontaler Schnecken an. Außerdem besteht noch die Möglichkeit, zusätzlich zum Futteranschieben Lockfutter über das Futter am Futtertisch zu verteilen.
Letzteres ist speziell für Betriebe ohne Mischwagen eine interessante Option. Es spielt keine Rolle, ob jemand zuhause ist, das Futter wird rund um die Uhr angeschoben und ist somit für die Tiere immer erreichbar und interessant.
Bessere Futteraufnahme durch Lockwirkung
Die Lockwirkung des Futteranschiebens kann sich positiv auf die Futteraufnahme auswirken. Wie bei den Fütterungsrobotern, sollte auch bei den Futteranschiebern darauf geachtet werden, dass ein Gerät möglichst alle Tierkategorien erreicht und deren Futter anschieben kann.
Automatische Laufgangreinigung
Im Gegensatz zu fix montierten Schieberanlagen haben Reinigungsroboter den Vorteil, sich nicht an fixe Entmistungsachsen halten zu müssen. Sie sind sehr wendig und können auch jene Stallbereiche reinigen, die man bei herkömmlicher Entmistungstechnik manuell säubern müsste, wie zum Beispiel Übergänge und Auslauf. Dadurch erhöhen sie auch die Flexibilität bei der Gestaltung von Stallgrundrissen.
Grundsätzlich gibt es Geräte, die mittels Putzschild Kot und Harn durch einen Spaltenboden schieben oder über eine begrenzte planbefestigte Fläche zu einem Bereich mit Spaltenboden befördern.
Lösung für planbefestigte Ställe
Relativ neu sind Reinigungsroboter, die die Gülle von planbefestigten Flächen aufsaugen und diese in einen fixen Abwurf entleeren. Diese Saugroboter können auch in zu hundert Prozent planbefestigten Ställen eingesetzt werden. Je nach Reinigungsintervall schaffen diese Saugroboter die Reinigung von rund 500 Quadratmetern Lauffläche. Die Reinigungsroboter können Wasser auf die Laufflächen sprühen, um die Reinigungsleistung zusätzlich zu erhöhen. Die sauberen Laufflächen beugen Klauenkrankheiten vor und es gelangt weniger Schmutz in die Liegeflächen und somit an die Euter der Kühe.
Automatisches Kälbertränken
Tränkeautomaten für die Gruppenhaltung von Kälbern sind bereits seit mehreren Jahren im Einsatz. Sie funktionieren mit Voll- und mit Trockenmilch. Die Tränkestation erkennt das Kalb und teilt ihm eine definierte Menge Milch zu. Dabei sollte die tägliche Zielmenge an Tränkemilch über den ganzen Tag auf mehrere Gaben verteilt werden. Das ist für das Kalb gut verträglich.
Vier Tränkestationen - ein Automat
Ein Tränkeautomat kann bis zu vier Tränkestationen versorgen, also mehrere Gruppen bedienen. Die Vorteile sind, dass man
die Kälber in Altersgruppen halten kann und
das Stallabteil abgesetzter Gruppen im Rein-Raus-Verfahren vollständig ausmisten und reinigen kann.
Tränken in Einzelhaltung
Relativ neu sind automatisierte Lösungen für das Tränken in Einzelhaltung. Dabei werden die Kälberboxen und Iglus entlang einer Schiene aufgestellt. Auf dieser Schiene bewegt sich ein mobiler Nuckel, der jedes Kalb einzeln, mehrmals täglich mit einer definierten Menge Milch versorgt.
Automatische Reinigung der Tränkeautomaten bringt Erleichterung
Neben der automatischen, schonenden, über den Tag verteilten Zuteilung der Futtermilch, erleichtert auch die automatische Reinigung der Tränkekautomaten die Arbeit im Kälberstall merklich. Da Tränkeautomaten Daten, wie abgeholte Milchmenge und Trinkgeschwindigkeit, aufzeichnen, können sie auch die Überwachung der Kälbergesundheit unterstützen.
Beratung für die optimale Betriebslösung
Das Angebot von Automatisierungslösungen im Rinderstall ist sehr breit und wird ständig erweitert. Welche Lösungen optimal auf einen Betrieb passen, hängt sehr stark von der Situation vor Ort ab. Arbeitskräfte, persönliche Stärken und Vorlieben, bauliche Anlagen, wirtschaftliche Auslastung, mögliche Betriebsentwicklung – diese und weitere Faktoren sollten vor der Investition bedacht werden.
Die unabhängige Beratung der LK NÖ unterstützt Sie gerne, Möglichkeiten, Grenzen und Kosten der Automatisierung für Ihren Betrieb zu bewerten.