02.11.2021 | von Christian Fasching und Johann Gasteiner, HBLFA Raumberg-Gumpenstein
Wie Sensoren funktionieren und welche Funktionen sie dem Landwirt bieten.
Sensoren revolutionieren die Tierbeobachtung in einer noch nie dagewesenen Art und Weise. Plötzlich liegen weit mehr und vor allem gültige Informationen über jede einzelne Kuh vor, als dies in der Vergangenheit je der Fall war. Die Systeme erheben Vitalparameter rund um die Uhr. Mittlerweile sind die Systeme der renommierten Hersteller in ihrer Leistungsfähigkeit unschlagbar. Selbst erfahrene Tierhalter können hier unmöglich Schritt halten.
Herrannahende Erkrankungen erkennen
Die Systeme arbeiten mit tierindividuellen Grenzwerten, besitzen ähnlich wie wir Menschen kognitive Fähigkeiten und interpretieren Parameter in Bezug zu zahlreichen anderen Parametern. Damit leiten sich ihre Hinweise aus einer Vielzahl an Informationen ab. Dadurch hat sich diese Technologie zu einem konkurrenzlosen Assistenzsystem für Milchviehhalter entwickelt, denn mit Sensorsystemen ist es mittlerweile möglich, herannahende Erkrankungen bis zu acht Tagen vor irgendwelchen klinischen Symptomen unspezifisch zu erkennen.
Informationen direkt auf das Smartphone
Sensoren, die an spezifischen Stellen montiert sind, erfassen Parameter, wie die Beschleunigung oder die Temperatur. Davon werden die Bewegungs-, die Wiederkau-, die Futteraufnahme-, die Liegeaktivität oder die Körpertemperatur abgeleitet.
In einem weiteren Schritt werden die Parameter interpretiert, aufbereitet und visualisiert. Indem bei der computerbasierten Datenanalyse Abweichungen vom charakteristischen Parameterverlauf in Bezug zu anderen Parametern interpretiert werden, erkennen die Systeme Brunstereignisse, herannahende Erkrankungen oder Abkalbungen und informieren den Nutzer mit einer Meldung an sein Smartphone.
Funktionen zur Fruchtbarkeit
Die Systeme informieren den Nutzer tierindividuell über das Auftreten einer Brunst. Dies geschieht in Abhängigkeit vom System via Push Notification, SMS, Mail oder über eine Meldung in der Benutzeroberfläche der Anwendung am Computer oder Smartphone. Es ist entscheidend, dass das System brünstige Kühe als solche erkennt und dass einer Brunstmeldung vertraut werden kann. Letzteres beschreibt die Qualität der Brunstmeldung. Insofern reicht eine vom Firmenmarketing ausgelobte Brunsterkennungsrate nicht aus, um die Leistungsfähigkeit eines Systems zu beschreiben.
Ein Beispiel: Ein System meldet sämtliche Kühe einer Herde täglich als brünstig. Auch wenn in diesem Fall die Brunsterkennungsrate bei 100 Prozent liegt, kann man den Systemmeldungen aufgrund der vielen Falschmeldungen nicht vertrauen.
Brunsterkennungsraten von über 90 Prozent
Erfahrene Tierhalter erreichen mit der visuellen Beobachtung eine Brunsterkennungsrate von rund 60 Prozent. Untersuchungen belegen, dass mit sensorbasierten Systemen bei keinem oder sehr überschaubarem Ausmaß an Falschmeldungen, Brunsterkennungsraten von 90 Prozent und mehr erwartet werden können. In Abhängigkeit von den Umweltbedingungen, wie Rutschfestigkeit der Laufflächen oder Belegung, kann es auch zu schlechteren Ergebnissen kommen.
Viele Systeme bewerten die Brunst auch qualitativ und geben eine Empfehlung zum idealen Besamungszeitpunkt aus. Zusätzlich erweitern einzelne Anbieter den Funktionsumfang um Listen mit Kühen, bei denen ein auffälliges Zyklusgeschehen beobachtet wird.
Funktion zur Gesundheit
Die Systeme analysieren den Verlauf von krankheitsrelevanten Parametern. Deshalb können die Systeme einen krankhaften Vorgang sehr frühzeitig erkennen. Die Gesundheitsmeldungen erfolgen in der Regel deutlich bevor die Tiere durch irgendwelche klinischen Symptome im Rahmen der routinemäßigen Beobachtung auffallen. Basierend auf diesen Meldungen können dann weiterführende Untersuchungen angestellt werden.
Frühzeitig gegen Krankheiten angehen
Mitunter unterstützt auch ein charakteristischer Parameterverlauf bei der Diagnose. Erfahrene Tierhalter können daraufhin sehr frühzeitig erste Maßnahmen einleiten. Damit kommt es zu einem schwächeren Krankheitsverlauf oder es kann ein klinischer Verlauf sogar verhindert werden.
Nach Bedarf kann bei verschiedenen Systemen auch die Empfindlichkeit und der Grenzwert, ab dem ein Vorgang als krankhaft klassifiziert wird, angepasst oder korrigiert werden. Dies kann zur Folge haben, dass auch gesunde Kühe das ein oder andere Mal als krank identifiziert werden.
Routine entscheidet über die Qualität der Ergebnisse
Grundsätzlich gilt jedoch, dass die Leistungsfähigkeit der Systeme neben den Umweltbedingungen wesentlich von der Routine und der Regelmäßigkeit im Herdenalltag abhängt. Es gilt, je mehr Routine desto besser die Ergebnisse.
Funktionen zum Management
Managementfunktionen sind spezielle Funktionen, die sich je nach Hersteller unterscheiden. Managementmaßnahmen können auf Basis von gruppierten Daten aufeinander abgestimmt oder evaluiert werden. Beispielsweise wird die durchschnittliche Wiederkaudauer je Kuh und Tag genutzt, um Rationsänderungen oder die versprochenen Effekte von Futtermittelzusatzstoffen zu überwachen.
Bestens auf die Tiere und ihre Bedürfnisse abgestimmt
Die Visualisierung des Tagesganges der Wiederkau- oder Bewegungsaktivität ist ein weiteres Werkzeug, um Routinemaßnahmen gezielt aufeinander abzustimmen. Erfahrene Betriebsführer nutzen es, um die Fütterung pansenschonend zu gestalten und um Stress in einer Gruppe zu reduzieren. Darüber hinaus gibt es noch weitere Kennzahlen, mit denen die Schwankungen der Parameter einer Gruppe oder zwischen den Tieren einer Gruppe beschrieben werden.
Grenzen der Systeme
Wogegen diese Monitoring- oder auch Assistenzsysteme nicht unmittelbar helfen, sind schlechte Fruchtbarkeitsleistungen und Probleme mit der Tiergesundheit. Dies kommt bei nahezu allen Gesprächen mit Praktikern zum Ausdruck. Diese Probleme stehen ursächlich mit mangelhaften Fütterungs- und Haltungsbedingungen in Verbindung. Selbst ein Sensorsystem kann derartige Versäumnisse unmöglich beheben oder kompensieren.
Letztendlich sind es Monitoringsysteme, die ausschließlich über physiologisch- und pathologisch relevante Ereignisse informieren, ausgewählte Parameter visualisieren und zusätzliche Informationen für das Management zur Verfügung stellen. Die daraus resultierenden Maßnahmen müssen bislang noch die Tierhalter selbst einleiten oder umsetzen.