Woher stammt die Milch im Käse? Neue EU-Vorgabe zur Herkunftskennzeichnung
Die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2018/775 zur Anwendung des Art. 26 Abs. 3 EU-Lebensmittelinformationsverordnung (EU) Nr. 1169/2011 konkretisiert nun Vorgaben zur Herkunftskennzeichnung:
Ist das Ursprungsland oder der Herkunftsort eines Lebensmittels angegeben und ist dieses/dieser nicht mit dem Ursprungsland oder dem Herkunftsort seiner primären Zutat identisch, so
Ist das Ursprungsland oder der Herkunftsort eines Lebensmittels angegeben und ist dieses/dieser nicht mit dem Ursprungsland oder dem Herkunftsort seiner primären Zutat identisch, so
- ist auch das Ursprungsland oder der Herkunftsort der primären Zutat anzugeben; oder
- ist anzugeben, dass die primäre Zutat aus einem anderen Ursprungsland oder Herkunftsort kommt, als das Lebensmittel.
Als „primäre Zutat“ eines Lebensmittels gilt jene Zutat bzw. gelten jene Zutaten, die über 50% dieses Lebensmittels ausmachen oder die die Verbraucher üblicherweise mit der Bezeichnung des Lebensmittels assoziieren und für die meistens eine mengenmäßige Angabe des Lebensmittels vorgeschrieben ist. Lebensmittel können - im Sinne der EU-InfoVO - mehr als eine primäre Zutat aufweisen.
Beispiele:
(1) Bei einem Käse mit der Auslobung „aus Österreich“ ist künftig die Herkunft der Milch anzugeben, wenn diese nicht aus Österreich stammt.
(2) Erdbeerjoghurt: Das Lebensmittel besteht zu über 50% aus Milch. Da der Verbraucher mit dem Produkt jedenfalls auch Erdbeeren assoziiert, weist das Lebensmittel zwei primäre Zutaten auf.
Als Parameter für die Ermittlung der Primärzutat sind insbesondere nachfolgende Punkte heranzuziehen:
- Die Zusammensetzung des LM
- Die Gesamtaufmachung des LM (Abbildungen,...)
- Die Verbraucherwahrnehmung unter Berücksichtigung der Tatsache, ob die Zutat mit dem Namen des LM in Verbindung gebracht wird.
Die verpflichtende Angabe der Herkunft kann nicht nur durch unmittelbare Hinweise wie „Qualität aus Österreich“ oder „hergestellt in Österreich“ verursacht werden. Auslöser können genauso bildliche Darstellungen, wie beispielsweise die Abbildung einer rot-weiß-roten Fahne, sein. Keine Rolle spielt dabei, ob die Angabe der Herkunft freiwillig oder verpflichtend angeführt wurde.
Die Verordnung gilt nicht für geschützte geographische Bezeichnungen (zB „Marchfeldspargel g.g.A.“, „Wachauer Marille g.U.“) und eingetragene Marken. Ebenso wenig betroffen sind verkehrsübliche Bezeichnungen und Gattungsbezeichnungen, die eine geographische Angabe beinhalten und auf Rezepturen abstellen (zB „Frankfurter Würstel“, „Kärntner Kasnudeln“, „Wiener Schnitzel“ etc.).
Die Herkunftsinformation über die primäre Zutat muss im selben Sichtfeld, wie der geografische Hinweis angebracht sein und eine bestimmte Mindestschriftgröße aufweisen (75% der Herkunftsangabe, zumindest 1,2 mm).
Die Verordnung gilt ab 1. April 2020 unmittelbar in allen Mitgliedsstaaten. Lebensmittel, die vor diesem Datum in Verkehr gebracht oder gekennzeichnet (dh verpackt und etikettiert) wurden, können bis zur Erschöpfung der Bestände in Verkehr gebracht werden.
Zur weiteren Klärung von Einzelfragen und genaueren Auslegung, was alles eine „primäre Zutat“ ist, erarbeitet die EU-Kommission einen Fragen-und-Antworten Katalog, welcher im November 2019 zur Verfügung stehen soll. Eine abschließende rechtliche Beurteilung diverser Fragestellungen ist zum aktuellen Zeitpunkt daher leider nicht möglich.