Rasche Kurskorrektur der EU-Agrarpolitik gefordert
Die Hintergründe
Überbordende Brüssel-Bürokratie, massive Preissteigerungen bei wichtigen Betriebsmitteln und bestenfalls stagnierende Erzeugerpreise gefährden bäuerliche Existenzen und damit die Versorgungssicherheit mit heimischen Lebensmitteln. Zusätzlich in einigen Ländern Europas eine bauernfeindliche Politik der Leistungsstreichungen und höheren Hürden in der Produktion ohne finanziellen Ausgleich durch Staat oder Handel.
Landwirtschaftskammern brachten bereits konkrete Verbesserungsvorschläge ein
„Es braucht dringend ein Umdenken auf EU-Ebene“, betont Johannes Schmuckenschlager, Präsident der Landwirtschaftskammer Niederösterreich. „Wir fordern die EU schon seit geraumer Zeit auf, Maßnahmen zu ergreifen, um den Druck und die Unsicherheiten, denen die Bäuerinnen und Bauern ausgesetzt sind, zu verringern“, so Schmuckenschlager weiter. Alleine durch die umfassenden und präzisen Rückmeldungen von Österreichs agrarischen Vertretern konnte bei der neuen GAP eine ausufernde und belastende Umsetzung zumindest eingedämmt werden. Weitere Vereinfachungsschritte sind aber jedenfalls notwendig. Die Landwirtschaftskammern aller Bundesländer haben daher – nach Aufforderung der EU-Kommission – weitere konkrete Verbesserungsvorschläge für verschiedene Verordnungen eingebracht, die eine praxistauglichere und weniger bürokratische Umsetzung ermöglichen sollen.
Ideen und Forderungen statt Groß-Demos
„Manche meinen, man müsse die Landwirtschaft immer weiter einschränken und verdrängen. Doch wer die bäuerliche Produktion in Europa stilllegen will, muss anderswo mehr produzieren und mehr importieren. Das ist nicht nur dumm, sondern auch scheinheilig. Dass es gegen diese landwirtschafts- und umweltfeindliche Politik in halb Europa Widerstand gibt, ist mehr als verständlich. Auch Österreich ist keine Insel der Seligen, doch bei uns sitzen die Bäuerinnen und Bauern mit am Verhandlungstisch und nicht draußen vor der Tür. Die Stimmen der Bäuerinnen und Bauern werden dadurch gehört und wir bringen Praxis und Erfahrung vom Hof ins Parlament. Diese Vertretung braucht es auch in Brüssel“, erklärt NÖ Bauernbundobmann LH-Stv. Stephan Pernkopf gemeinsam mit dem Präsidenten der Landwirtschaftskammer Niederösterreich, Johannes Schmuckenschlager und Alexander Bernhuber, Abgeordneter im EU-Parlament und Spitzenkandidat des Bauernbundes bei der kommenden Europawahl.
Versorgung mit heimischen Lebensmitteln sichern
„Es ist unsere Aufgabe, dass wir uns hier entsprechend einbringen. Denn die unrealistische und praxisfremde Sicht- und Arbeitsweise bestimmter Fraktionen im EU-Parlament bringt nicht nur die Bäuerinnen und Bauern unter Druck, sondern gefährdet letztendlich auch die Versorgungssicherheit in Europa“, erklärt Schmuckenschlager und sagt weiter: „Wenn wir die Versorgung in unserem Land absichern wollen, muss der Fokus auf die Sicherung der Produktion gelegt werden. Dazu brauchen wir einen entsprechend bestückten Werkzeugkoffer, etwa mit notwendigen Betriebsmitteln, der das land- und forstwirtschaftliche Arbeiten und damit die Erzeugung regionaler Lebensmittel ermöglicht.“
Europäische Importstrategie einführen
Als weiteres Erfordernis sieht Schmuckenschlager die Einführung einer europäischen Importstrategie höchst an der Zeit: „Die europäischen Warenströme müssen transparenter werden. Ebenso braucht es gezielte Maßnahmen im Falle von Verwerfungen.“ Neben einer verbesserten Lenkung der Warenströme und der Einführung eines lizenzbasierten Getreidehandelssystems sei es notwendig, dass die in der EU geltenden Lebensmittelstandards eingehalten und kontrolliert werden. „Importprodukte müssen in Zukunft nicht nur den EU-Produktstandards entsprechen, sondern vor allem den EU-Produktionsregeln. Sonst ist kein fairer Wettbewerb möglich. Hier braucht es auf europäischer Ebene dringend Lösungen.“
Österreich setzt auf Freiwilligkeit
Als Vorteil im Vergleich zu anderen Ländern sieht Schmuckenschlager Österreichs Weg der Freiwilligkeit: „In der österreichischen Landwirtschaft passieren viele Leistungen der Bäuerinnen und Bauern auf freiwilliger Basis. Mit dem ÖPUL haben wir bereits seit 1995 ein umfangreiches Agrarumweltprogramm, das auf Freiwilligkeit setzt. Ich bin davon überzeugt, das ist der Grund dafür, warum in Österreich Vieles besser funktioniert und wir die vorgegebenen Zielvorgaben leichter umsetzen können.“ Zudem sei es für alle agrarischen Vertreter Österreichs selbstverständlich, an einem Strang zu ziehen. Schließlich verfolge man das gleiche Ziel – nämlich das Bestmögliche für die Bäuerinnen und Bauern herauszuholen und ihren Anliegen eine starke Stimme zu geben.
Grundfreiheiten statt 10.000 Regulierungen
Bernhuber, seit 2019 mit rund 30.000 Vorzugsstimmen im EU-Parlament, über die aktuellen Herausforderungen der Bäuerinnen und Bauern mit der EU-Agrarpolitik: „Als Bauer ist man kein Buchhalter. Die Landwirtschaft ist zu wichtig mit der täglichen Produktion wertvoller Lebensmittel, als das man sie mit einer unnötigen Zettelwirtschaft lähmt. Die Aufforderung kann daher nur lauten: Lasst unsere Bauern arbeiten. Wir müssen wieder mehr zu einem Europa der vier Grundfreiheiten statt einer EU der 10.000 Regulierungen werden.“
Konkrete Forderungen formuliert
Konkret fordert die Landwirtschaftskammer gemeinsam mit dem Bauernbund mehr Planungssicherheit und weniger Bürokratie. Aber damit nicht genug: Auch die Nutzung des Waldes als nachhaltige und erneuerbare Ressource, die Sicherstellung notwendiger Betriebsmittel, strengere Standards für Lebensmittelimporte, eine Stärkung der Versorgungssicherheit, die Umsetzung der versprochenen Senkung beim Schutzstatus des Wolfes und eine umfassende Folgenabschätzung bei künftigen Vorhaben und eine Einbindung der Betroffenen dieser Vorhaben - zählen zu den grundlegenden Forderungen dazu.