Warum Mulch- und Direktsaat bei Ertrag und Erlös mithalten können
Kurz gefasst
Mulch- und Direktsaat kann nachweislich empfohlen werden. Dieses System erfordert aber spezielles Fachwissen und eine adaptierte oder angepasste Sämaschinenausstattung, will man erfolgreich sein.
In den umfangreichen Versuchsreihen der Universität für Bodenkultur gemeinsam mit den landwirtschaftlichen Fachschulen wurde schnell klar, dass Gründecken sich nur dann unter trockenen Bedingungen entwickeln, wenn sie möglichst rasch nach der Ernte angebaut werden. So sind auch im pannonischen Klimaraum mit unter 600 Millimetern Jahresniederschlag üppig entwickelte Sommerbegrünungen machbar.
Warum sich Mulch- und Direktsaat entwickelt hat
Trockenheit und Hitze sind die begrenzenden Faktoren in der Pflanzenproduktion. Jeder Eingriff in den Boden baut Humus ab und verbraucht Wasser, indem feuchter Boden auf die Bodenoberfläche gebracht wird und dieser dann austrocknet. Diese Aspekte und jene der Bodenerosion in Hanglagen haben weltweit zur Entwicklung von Mulch- und Direktsaatsystemen geführt, um die Erträge zu stabilisieren und zu steigern.
Seichter Stoppelsturz bewährt sich
In der Praxis hat sich ein möglichst seichter Stoppelsturz mit Leichtgrubber oder Scheibenegge mit einer maximalen Bearbeitungstiefe von fünf Zentimetern bewährt. Die neue, von Väderstad entwickelte Crosscutter-Disc ermöglicht sogar ein noch seichteres Einmischen der Ernterückstände, sie benötigt jedoch eine Fahrgeschwindigkeit von mindestens zwölf Kilometern pro Stunde.
Hat das Ausfallkorn angekeimt, wird seicht bearbeitet und dann Ende Juli - Mitte August die Sommerbegrünung angebaut. Im Trockengebiet muss das mit einer Sämaschine erfolgen, will man diese Gründecke auch gut etabliert haben.
Hoher Wasserverbrauch ist Irrglaube
Ängste, dass zu viel Wasser verbraucht wird, beruhen auf dem Irrglauben, dass Schwarzbrache kaum Wasser benötigt. Wassergehaltsmessungen in Hollabrunn zeigten, dass eine Schwarzbrache nahezu genauso viel Wasser unproduktiv verbraucht wie eine gut entwickelte Begrünung. Letztere baut organische Substanz und in Folge im Boden Humus auf, der wiederum die Winterfeuchte und den Regen gut speichern kann. Das widerspiegelt sich in höheren und stabileren Erträgen.
Was gegen tiefe Bodenbearbeitung spricht
Tiefe Bodenbearbeitung "verbrennt“ Kohlenstoff und damit Humus, mit der Folge, dass der geringere Humusgehalt nachweislich nicht zu jenen Ertragssteigerungen führte, die eigentlich durch moderne Kultivierung, Genetik, Düngungs- und Pflanzenschutzmanagement vorhanden sein müssten.
Kohlenstoff im Humus sorgt für Stabilität
Kohlenstoff ist auch ein wesentlicher Baustein von Glomalin, einem Glykoprotein, das für die Aggregatstabilität verantwortlich zeichnet. Minimalbodenbearbeitung hat, statistisch abgesichert, mehr Kohlenstoff im Boden. Dadurch ist mehr Glomalin als Kittsubstanz für Aggregate vorhanden. Damit ist die Aggregatstabilität höher, was für die extrem schweren modernen Maschinen auch von größter Wichtigkeit ist.
Geringere Bearbeitungsintensität steigert Kohlenstoffgehalt
Verringert man die Bearbeitungsintensität, erhöht sich der Kohlenstoffgehalt im Boden. Dieser vermehrt Glomalin und die Aggregatstabilität steigt statistisch gesehen sicher. Die Böden sind dann eindeutig tragfähiger und weisen weniger Fahrspuren auf.
An den Lehr- und Versuchsbetrieben der landwirtschaftlichen Fachschulen in Niederösterreich sind Sommerbegrünungen Standard. Schülern und interessierten Landwirten werden diese Mischungen und deren Vor- und Nachteile demonstriert.
An den Lehr- und Versuchsbetrieben der landwirtschaftlichen Fachschulen in Niederösterreich sind Sommerbegrünungen Standard. Schülern und interessierten Landwirten werden diese Mischungen und deren Vor- und Nachteile demonstriert.
An fünf Standorten vier Varianten getestet
Seit 2004 werden auch an fünf Standorten mit 500 bis 850 Millimetern Jahresniederschlag Bodenbearbeitungsversuche angelegt. Vier Varianten werden getestet.
- konventionell: Grubber & Pflug
- reduziert: Grubber + Scheibenegge maximal zwölf bis 15 Zentimeter
- minimiert: Leichtgrubber oder Scheibenegge maximal fünf bis zehn Zentimeter
- No Tillage: keine Bodenbearbeitung
Nettoerlös ist entscheidend
Entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg ist nicht in erster Linie der Ertrag, sondern der Nettoerlös, der sich aus dem Ertrag (= Produkterlös) minus Maschinenkosten errechnet. Die restlichen Aufwendungen unterscheiden sich nicht.
Bei den Nettoerlösen wird deutlich, dass die reduzierten und minimierten Bodenbearbeitungsverfahren der konventionellen Methode überlegen sind. Sogar NoTill kann bei den Erlösen mithalten, verursacht aber wesentlich weniger Aufwand.
Es ist aber auch riskant wegen stärker auftretenden Wurzelunkräutern. Auf leichten Böden können nach einigen Jahren Bodenverdichtungen auftreten.
Vorsicht bei Getreide-Maisfruchtfolgen
Ebenso darf bei Getreide-Maisfruchtfolgen die Gefahr einer Fusariuminfektion, übertragen durch oberflächlich liegende Ernterückstände, nicht unterschätzt werden. In diesem Fall ist nach der Ernte ein seichtes Einmischen der Erntereste unumgänglich, um einen raschen Rotteprozess einzuleiten. Anschließend kann man die Gründecke anlegen, um Schattengare und Erosionsschutz zu gewährleisten.
Tiefere Lockerung bei Sandböden
Sandböden benötigen alle paar Jahre eine tiefere Lockerung, um nicht allzu sehr zu verdichten. Wichtig sind in der landwirtschaftlichen Produktion auch der Energieverbrauch und der CO2-Ausstoß. Treibstoffverbrauchsmessungen in Tulln auf pseudovergleytem Tschernosem mit einem über 50% Tonanteil verdeutlichen das in der Grafik.
Diesel und CO2 wird eingespart
Somit kann ein Betrieb, wenn er zum Beispiel 50 ha Winterweizen anbaut, durch Mulchsaat 1.000 Liter Diesel, also rund 1.000 Euro sparen. Für die Umwelt schlagen rund 3 t CO2 weniger zu Buche. Kalkuliert man noch die mögliche Kohlenstoff- und CO2-Speicherung im Boden, so ist eine immense ökologische Leistung möglich. Firmen bieten bereits CO2-Zertifikate für solche Maßnahmen an.
Maschinen auf Mulchsaattauglichkeit prüfen
Minimalbodenbearbeitung, also konservierende Mulchsaat, ist bei entsprechender maschineller Ausstattung problemlos anwendbar. Bei den Maschinen ist jedoch auf ihre Mulchsaattauglichkeit zu achten. Schardrücke von mindestens 120 bis 150 kg sind unumgänglich, Scheibeneggenvorsätze bei Drillsaat empfehlenswert.
Scheibeneggenvorsätze durch Wellscheiben ersetzt
Bei einer Maschine wurden diese sogar durch Wellscheiben (Coulter Discs) ersetzt, um genau in der Sattrille lockere Erde zu produzieren und Mulch aufzuschneiden, damit nach dem Sävorgang der Säschlitz auch wieder vollständig geschlossen werden kann.
Wellscheiben wichtig bei Einzelkornsaat
Besonders wichtig sind diese Wellscheiben bei der Einzelkornsaat, will sie sicher den Säschlitz schließen. Dazu braucht man die lockere Erde, die diese Wellscheiben produzieren. Normale Scheiben verursachen zudem Verdichtungen an den Flanken der Schlitze, was das Schließen wiederum erschwert.
Tipp: Bei Maschinenkauf auf Coulter Discs achten
In Europa werden diese Coulter Discs nur von wenigen Herstellern angeboten und dann von den Landwirten kaum mitgekauft. Das ist ein schwerer Fehler, der viele Möglichkeiten verhindert.
In jenen Ländern, wo seit Jahrzehnten auf Direktsaat gesetzt wird - immerhin auf über 150 Mio. ha weltweit - sind Coulter Discs sowohl bei Einzelkorn- als auch Drillsaat Standard.
Umstellungsphase ist notwendig
Stellt man sein Anbausystem um, kann und soll das nicht ohne Umstellungsphase erfolgen. Als Faustzahl kann gelten, pro Jahr um fünf Zentimeter seichter zu bearbeiten, um unnötige Probleme in der Umstellungsphase zu vermeiden. Dann wird sich der Boden mit seinen enorm wichtigen Mikro – und Makroorganismen auf das System einstellen und die Vorteile können ausgeschöpft werden.
Versuche zeigen Vorteile auf
Dass man dann bodenschonend, nachhaltig mit minimiertem Erosionspotential kostengünstiger produzieren kann, ist erwiesen und konnte in Niederösterreich in vielen Jahren nachgewiesen werden.
Weniger Bodenbewegung, 50 bis 70% weniger Treibstoffverbrauch, minimiertes Erosionsrisiko und Ausschöpfung der ÖPUL-Fördermöglichkeiten sind Argumente für das System, das in Ermangelung der leistungsfähigen Zugfahrzeuge und Pferde von unseren Vorfahren bereits praktiziert wurde.
Versuch läuft seit 27 Jahren
In Niederösterreich werden Mulch- und Direktsaat seit drei Jahrzehnten entwickelt und getestet. Seit 27 Jahren werden in Kooperation mit der Universität für Bodenkultur Erosionsmessstellen an zwei Standorten betrieben. Diese sind auf Flächen der an die landwirtschaftlichen Fachschulen angegliederten Lehr- und Versuchsbetriebe angelegt. Acht verschiedene Bodenbearbeitungs- und Gründecken werden geprüft und die Ergebnisse aufgearbeitet und in Lehre und Beratung weitergegeben.
Im Schnitt der 27 Messjahre konnte durch Mulchsaat die Bodenerosion um 77 Prozent und durch Direktsaat um 88 Prozent gesenkt werden – ein deutlicher Beweis, dass durch die konservierende Bodenbearbeitung aktiver Bodenschutz betrieben werden kann.
Im Schnitt der 27 Messjahre konnte durch Mulchsaat die Bodenerosion um 77 Prozent und durch Direktsaat um 88 Prozent gesenkt werden – ein deutlicher Beweis, dass durch die konservierende Bodenbearbeitung aktiver Bodenschutz betrieben werden kann.