Interview: Bauernhöfe im Spannungsfeld "Zukunft"
Die Hintergründe
Digitalisierung, Klimawandel und gleichzeitig immer weniger Werkzeuge, um die Pflanzen am Acker gesund zu erhalten. Diesem Spannungsfeld begegnen Bäuerinnen und Bauern immer wieder mit Innovationsgeist und Leidenschaft. Gemeinsam mit Landwirtschaftskammer NÖ-Vizepräsident Lorenz Mayr stellen wir uns die Frage, welche Werkzeuge es künftig auf unseren Bauernhöfen braucht, um weiterhin wirtschaften zu können.
lk online: Die Produktionsbedingungen werden für unsere Bäuerinnen und Bauern nicht einfacher, im Gegenteil. Worauf kommt es an, wenn es darum geht eine sichere, nachhaltige Versorgung zu gewährleisten?
Landwirtschaftskammer NÖ-Vizepräsident Lorenz Mayr: Die Versorgungssicherheit ist ein komplexes Thema und wird von vielen Faktoren beeinflusst − von der Produktivität unserer Flächen, politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bis hin zu Umweltauflagen und der Nachfrage der Konsumentinnen und Konsumenten. Wenn es um die Absicherung der Versorgung geht, ist das Um und Auf, die Produktion abzusichern. Denn nur, wenn produziert werden kann, kann die Versorgung mit leistbaren, qualitativ hochwertigen Lebensmitteln und nachhaltigen Rohstoffen aus Österreich sichergestellt werden. Hier stoßen wir immer öfter an unsere Grenzen.
lk online: Die Folgen des Klimawandels betreffen sehr viele Branchen weltweit. Welche Auswirkungen hat der Klimawandel konkret auf die österreichische Landwirtschaft und wie passen sich die bäuerlichen Betriebe an?
Mayr: Der Klimawandel ist mit all seinen Folgeerscheinungen auf unseren Feldern und in unseren Wäldern angekommen und schon jetzt ganz deutlich spürbar. Trockenheit, Starkregen, Hagel und neue Schädlinge setzen uns zu. Die Landwirtschaft reagiert darauf mit Anpassungen im Anbau und vor allem bei den Bewirtschaftungsmaßnahmen. Zudem ist in manchen Regionen eine gezielte Bewässerung unverzichtbar, um Qualität und Ertrag zu sichern. Langfristig ist der Ausbau der Bewässerungsinfrastruktur entscheidend.
lk online: Heiße Sommer, milde Winter und lange Trockenperioden nehmen also zu. Dadurch steigt auch der Krankheits- und Schädlingsdruck. Was kann hier ein Lösungsansatz sein?
Mayr: Wir brauchen Werkzeuge, um unsere Pflanzen gesunderhalten zu können und dadurch qualitativ hochwertige Lebensmittel produzieren zu können. Das heißt wir brauchen wirksame Pflanzenschutzmittel. Nehmen wir als Beispiel die Erdäpfel her: Der Drahtwurm hat in den letzten Jahren enorme Schäden angerichtet, weil uns entsprechende Mittel fehlen. Der Anbau von Erdäpfeln wird immer schwieriger, die Fläche hat seit 2020 um 4.000 Hektar abgenommen. Das zeigt, wie wichtig praxistaugliche Lösungen im Pflanzenschutz sind, um unsere Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
lk online: Die Digitalisierung hat in der Landwirtschaft längst Einzug gehalten. Welche Chancen bringen neue Technologien und in welchen Bereichen findet bereits ein hohes Maß an Digitalisierung auf den bäuerlichen Familienbetrieben statt?
Mayr: Die Digitalisierung ist eine große Chance. Sie ermöglicht es uns, Ressourcen effizienter einzusetzen und Kosten zu sparen. GPS-gesteuerte Lenksysteme, teilflächenspezifische Düngung und der Einsatz von Drohnen zur Ausbringung von Saatgut oder auch Nützlingen sind nur einige Beispiele. Auch in den Ställen erleichtern technologische Innovationen die Arbeit und verbessern das Tierwohl.
lk online: Welche Werkzeuge braucht es – neben praxistauglichen Produktionsbedingungen – noch, um die Versorgung mit österreichischen Qualitätsprodukten gewährleisten zu können?
Mayr: Neben praxistauglichen Produktionsbedingungen sind die Herkunftskennzeichnung, die regionale Beschaffung, Importstandards und einheitliche EU-Produktionsregeln sowie die Verbraucheraufklärung entscheidend. Wir müssen die regionale Produktion unterstützen, um unabhängig von Importprodukten zu sein. Jeder Einzelne kann dazu beitragen – und zwar durch den bewussten Einkauf von regionalen Lebensmitteln.