Wenn schon Stilllegungsflächen Pflicht sind, dann solche, die Sinn machen – das dachten sich acht Bauern aus Wienerherberg und machen seit 2015 mit den Jägern gemeinsame Sache.
„Jäger bestimmen mit, wo Blühstreifen, Begrünungen und Brachen angelegt werden, dafür bezahlen sie Saatgut und Anbau“, erklärt Landwirt und Kammersekretär Johann Sperber die Kooperation bei einem Lokalaugenschein mit Jägern und Bauern am Acker. Michael Hietz wirtschaftet konventionell und steuert zu den insgesamt 15 Hektar Stilllegungsflächen sieben Hektar bei, davon sind 4,7 Hektar Begrünungsstreifen für die Jagd. „Ich habe die Flächen gepachtet, die Begrünung so mitübernommen und es passt für mich“, berichtet Hietz. „Ich bin zwar kein Jäger, aber man muss zusammenhelfen.“
Kreativ gegen Disteln
Je nach Bewuchs und Distelaufkommen mulcht er die Streifen ein- bis zweimal im Jahr. „Manchmal mulche ich auch nur die Distelnester, damit die übrigen Blühpflanzen erhalten bleiben“, begründet Hietz. „Wenn die Distel blüht, blüht ja auch alles andere und würde ich sie nicht mulchen, würde der Pflanzenschutzaufwand auf den angrenzenden Äckern steigen.“
Die Disteln sind auch für Biobauer Anton Fuchs junior eine Herausforderung. „Aber für die Insekten sind sie tolle Pflanzen und es bleiben ohnehin immer zuviele stehen“, schmunzelt Fuchs, der gemeinsam mit seinem Vater in dem insgesamt rund 800 Hektar großen Revier jagdlich aktiv ist. Als Biobetrieb braucht er keine Stilllegungsflächen. „Ich mache aber mit acht Prozent mit, das sind 5,5 Hektar“, so Fuchs junior. Er legt Begrünungen und Brachen vorrangig zwischen Feldern und nicht an Windschutzgürteln an, weil dort Spaziergänger unterwegs sind und das Wild beunruhigen.
Autofahrer und Reiter über Besonderheit von Blühstreifen informieren
Da bei mehrjährigen Blühstreifen nur im ersten Jahr die einjährigen insektenblütigen Pflanzen blühen, bleiben für die weiteren Jahre Klee und Gräser. „Diese grünen Streifen halten Autofahrer und Reiter für Feldwege“, haben Bauern und Jäger beobachtet. Deshalb wollen sie heuer Infotafeln aufstellen. Stilllegungsflächen an Windschutzgürteln möchte auch Jagdleiter Florian Kis vermeiden, weil dort Füchse und Greifvögel ein leichtes Spiel haben. „Durch die Kooperation mit den Landwirten konnten wir den Rebhuhnbestand innerhalb von fünf Jahren von null auf 80 Stück erhöhen“, freut sich Kis.
Schutz vor Erosion
Was gegen Erosion hilft, ist auch für die Biodiversität gut. Auf hängigen Flächen baut Sperber am Vorgewende einen zehn Meter breiten Streifen mit Klee oder Wickrogggen als Schutz vor Bodenabschwemmung an, wenn Reihenkulturen wie Mais oder Sojabohnen folgen. „Der Streifen soll mehrere Jahre stehen bleiben. So bietet er Insekten Lebensraum und das Wild findet dort Äsung und Unterschlupf“, begründet Sperber.
Rückzugsorte für die Tiere: Häckseln der Stillegungsflächen zeitversetzt und streifenweise
Die ersten Blühstreifen, die 2015 neben bestehenden Brachen angelegt wurden, gibt es immer noch. So überwintern Insekten in den Stängeln der abgefrosteten Kulturen und Fasane und Rebhühner finden Deckung. Aus diesem Grund häckseln sie die Stilllegungsflächen zeitversetzt und nur streifenweise, sodass die Lebewesen immer Rückzugsstreifen vorfinden.
Auch im neuen ÖPUL wollen Sperber, Fuchs und Hietz deshalb wieder mitmachen.